Diese oder ähnliche Fragen werden mir in meiner Behandlung ganz häufig gestellt, begleitet von großen fragenden Augen. Im Körper hängt einfach alles irgendwie zusammen, das hat mittlerweile schon jeder mitbekommen. Aber „irgendwie“ reicht zum Finden von Ursachen und für eine erfolgreiche, nachhaltige Behandlung nicht aus. In meinen Fortbildungen sind mir die verschiedensten Zusammenhänge klar geworden und mir ist mehr als einmal ein Licht aufgegangen, warum zwei ganz verschiedene Symptome häufig Hand in Hand in einem Patienten zur Tür hinein kommen.
Nackenschmerz und Zwerchfell
Die direkte Verbindung zwischen den Nackenschmerzen und unserem Zwechfell (Quergespannter Atemmuskel, zwischen Oberbauch und Brustraum) ist der Nervus Phrenicus. Das ist der Nerv, der vom Nacken (Wirbel C3-5) direkt zum Zwerchfell zieht und ihm den Befehl unseres Hirnstammes gibt, dass es sich zusammenziehen soll. Wenn das passiert, atmen wir ein. Diese Verbindung ist also für uns lebenswichtig und wird in Ruhe zwischen 12 und 20 Mal die Minute aktiviert, um uns ein- und ausatmen zu lassen. Der Nervus Phrenicus funktioniert aber nicht nur motorisch in die Richtung von der Halswirbelsäule zum Zwerchfell, sondern auch wieder zurück. Dann teilt der Nerv die sensiblen Informationen dem Rückenmark im Bereich der Nackenwirbel 3-5 mit. Das ist zum Beispiel der Spannungszustand des Muskels, Schmerzen oder Dehnung durch prallgefüllte Organe.
Wenn z.B. der Magen nach dem Buffet so richtig voll ist, fällt das Durchatmen schwer.
Diese Verbindung durch den Nervus Phrenicus kann dann auch dafür sorgen, dass das Zwerchfell schon länger Informationen zur Halswirbelsäule schickt, dass es ihm nicht gut geht. Dann breitet sich dieses Schmerzsignal im Rückenmark aus und auch die Strukturen, die ebenfalls von den Nerven aus den Wirbelsegmenten C3-5 versorgt werden, beginnen zu schmerzen. Die Bewegungen der Halswirbelsäule schränken sich ein, die Muskulatur verspannt sich, die Schulter werden unbeweglich und Schmerzen bei Bewegung – die Probleme im Schulter-Nacken Bereich sind da.
In diesem Fall hilft dann eine lokale Nackenbehandlung mit ziehen, massieren, drücken und biegen, nicht weiter. Es fühlt sich vielleicht im ersten Moment gut an, aber eine nachhaltige Besserung tritt nicht ein. Wirklich weg gehen die Probleme erst dann wieder, wenn das Zwerchfell – also die ursache des Problems – Ruhe gibt.
Nur Behandlungen der Ursache lindern nachhaltig die Beschwerden
Jetzt bleibt die Frage warum es unserem Zwerchfell nicht gut geht und es darum seine „Hilfeschreie“ über den Nacken zum Gehirn sendet. Dafür sollte man sich die direkten Nachbarorgane des Zwerchfells anschauen. In seiner direkten Umgebung haben diese Organe Einfluss auf das Zwerchfell:
- den Magen
- die Leber
- der Dickdarm
- die Wirbelsäule
- die unteren Rippen
- die Lunge
- das Herz
- die Speiseröhre
- die Nieren
Ist der Magen chronisch entzündet, wirkt sich dieses Problem auch über eine Anspannung im Zwerchfell aus. Ist die Leber vergrößert und immobil – überträgt sich dies auf das Zwerchfell. Leiden wir unter Verstopfungen oder Dickdarmentzündungen – überträgt es sich auf das Zwerchfell. Manchmal reicht auch schon, dass wir über einen längeren Zeitraum nicht tief in den Bauch atmen, damit die Organe nicht mehr so mobil sind und unser Zwerchfell in seiner Funktion eingeschränkt wird.
Um also die wirkliche Ursache zu finden, hilft eine genaue Anamnese (Untersuchungsgespräch) und eine körperliche Untersuchung des Betroffenen.
Kann mein Nackenschmerz / meine Verspannung nun von meinem Zwerchfell oder Oberbauch kommen?
Das ist die Frage, die du dir vielleicht jetzt stellst. Und du kannst selbst herausfinden, ob dein Zwerchfell verpannt oder völlig locker ist. Setze dich einmal bequem angelehnt hin, mache deinen Rücken etwas rund. Gehe dann mit den Fingern deiner Hände unter deinen Rippenbogen in die Tiefe, nach schräg oben. Du solltest dort entspannt und ohne Schmerzen einige Zentimeter tief in Richtung Lunge einsinken können und auch währenddessen beim Atmen keine Probleme verspüren. Wenn das so ist, ist in diesem Bereich wahrscheinlich alles entspannt und locker, also ohne Beschwerden. Wenn das nicht so ist und du gar nicht richtig in den Oberbauch hinein kommst, es schmerzt und das Atmen zwickt, dann bist du mit Sicherheit nicht allein. Viele Menschen haben Verspannungen im Oberbauch und die gilt es zu beseitigen, damit auch dein Nacken wieder „durchatmen“ kann.
Atmen ist die beste Hilfe
Neben der manuellen Behandlung ist die eigentliche Funktion des Zwerchfells, die beste Möglichkeit, sich selbst zu therapieren. Tiefes Atmen in den Bauch macht die Organe mobil, reguliert die Durchblutung und entspannt den Bereich des Oberbauches und damit auch das Zwerchfell.
Hier helfe ich einer Klientin, die richtige Atemrichtung zu finden und unterstütze die Bewegung der unteren Rippen während der Ein- und Ausatmung:
Probiere es selbst einmal aus und lege dich dazu am besten flach auf den Rücken. Lege deine Hände auf deinen Bauch. Atme tief und gleichmäßig durch den Mund ein und aus. Versuche, dass bei jedem Atemzug Bewegung in deinem Bauch ankommt. Erzwinge die Bewegung aber nicht, sie soll leicht und durch den Atem selbst entstehen. Bei der Einatmung hebt sich deine Bauchdecke nach oben, bei der Ausatmung senkt sie sich wieder ab. Führe diese Übung 10-15 Mal und zweimal täglich durch, vielleicht direkt vor dem Aufstehen und vor dem Schlafen.
Du willst mehr Übungen für ein entspanntes Zwerchfell und einen lockeren Schuler-Nacken-Bereich?
Ich habe dir einen Übungszettel zusammengestellt mit weiteren Übungen um den Oberbauch/das Zwerchfell und den Nacken zu entspannen.
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